- June 2023
Tradition
Möbel zum Anbeten schön!
Was die Möbelmeile mit Kirchenausstattung zu tun hat? Eine ganze Menge. Denn die Ursprünge der Serienproduktion von Möbeln in Ostwestfalen lassen sich auf die Wiedenbrücker Schule zurückführen, einen Verbund von mehr als 25 Handwerksbetrieben, der es verstanden hat, immer wieder neue Märkte zu erschließen – genau wie heute die Möbelmeile. Und wenn man genau hinsieht, ist es doch eigentlich ganz offensichtlich, dass einst für sakrale Zwecke gefertigt wurde, schließlich sind die Möbel in den neun Ausstellungszentren doch noch immer zum Anbeten schön.
Schon seit dem ausgehenden Mittelalter wird in Rheda und Wiedenbrück Kunsthandwerk betrieben, vor allem für die Ausstattung von Kirchen. Im 19. Jahrhundert entwickelt sich daraus ein fein austariertes Netzwerk aus Generalunternehmen und Zulieferbetrieben. Die Werkstätten der „Wiedenbrücker Schule“ erhalten Aufträge aus ganz Preußen und aus der ganzen Welt – aus Amerika, aus Japan und aus Afrika. So ist ein kleines ostwestfälisches Städtchen mit der ganzen Welt verwoben. In der Spitze beschäftigen die Werkstätten bis zu 3.000 Menschen.
Als nach dem 1. Weltkrieg die Aufträge ausbleiben, ist die Expertise noch da. Und so wurde dann von Sakralkunsthandwerk auf Möbel für den privaten Gebrauch umgesattelt – die waren natürlich zu Beginn kaum weniger aufwendig gestaltet als die Kirchenausstattung. Aber so öffneten sich neue Märkte, die bis heute Bestand haben.
Im Museum „Wiedenbrücker Schule“ lässt sich die ganze wunderbare Geschichte über die Wurzeln der heutigen Möbelindustrie erfahren, denn wohl niemand kennt sich auf dem Gebiet so gut aus wie die Museumsleiterin Christiane Hoffmann.
Ein Besuch in der Hoetger-Gasse 1 ist unbedingt zu empfehlen, um zu verstehen, dass das Möbelbusiness in OWL noch nie daran gescheitert ist, sich immer wieder neu zu erfinden.
Sudbrock kommt ins Museum!
In diesem Sommer gibt es im Museum Wiedenbrücker Schule eine Sudbrock-Ausstellung – sie läuft vom 1. Juli bis zum Ende der Messewoche im September. Die Ausstellung zeigt am Beispiel von Sudbrock, wie die Tradition der Wiedenbrücker Schule im kommerziellen Bereich erfolgreich fortgeführt worden ist.